Wie China seine Innovationsfähigkeit steigert
China besitzt eines der ältesten Bildungssysteme der Welt. Damit China sein Ziel sich als Industriemacht im Mittelfeld der Industriemächte positionieren kann, wie es der strategische Plan „Made in China 2025“ vorsieht, ist es wichtig, das Bildungssystem des Landes schrittweise zu verändern. Die nächste Generation muss auf die kommenden Anforderungen des Arbeitsmarktes entsprechend vorbereitet werden und eine wettbewerbsfähige und fundierte Ausbildung erhalten, damit China das Ziel eine fortschrittliche Industriemacht zu werden, erreichen kann.
Die traditionellen Lernmethoden in China
Wer sich mit den traditionellen Lernmethoden und chinesischen Lernstrategien befasst, sollte diese differenziert betrachten. Eine klassische Lernstrategie ist unter anderem das Memorieren. Dies verlangt dem Lernenden nicht nur Gedächtnistraining ab, sondern ebenso ist auch ein Textzugang nötig, um die Technik erfolgreich anzuwenden.
Das Lernen an sich ist an die konfuzianische Tradition angelegt und so wurde bisher nicht durch externe Motivation oder um Bestrafungen zu entgehen gelernt, sondern vielmehr geht es beim traditionellen Lernen darum, auf einem Gebiet den inneren Wunsch zu haben meisterschaftliche Leistungen zu erlangen. Die Leistungsorientierung ist recht hoch und Schüler lernen in Form von Vorlesungen, die Lehrer und Schüler halten.
Nachfragen und Kritik sind nicht erwünscht, sondern vielmehr geht es darum Inhalte nach Vorgabe zu verinnerlichen und diese quasi auswendig zu lernen.
China öffnet sich für lernprozessuale Innovationen
Aufgrund des Ziels, eine Industriemacht zu werden, ist es unumgänglich die Lernmethoden den neuen Zielen anzupassen. Die jungen Menschen in China sollen so aus der Rolle der passiven Rezipienten herausgeholt werden, die ihnen in traditionellen chinesischen Erziehung zu Teil wurde, die stark lehrerzentriert ist.
Viel mehr herrscht heute eine gewisse Offenheit gegenüber lernprozessualen Innovationen. Auch wenn es für erfahrene Lehrkräfte in China schwierig ist, die neuen Strategien umzusetzen, so soll zukünftig auf Formen von handlungsorientiertem Lernen gesetzt werden. Was für Lehrer und Schüler in Deutschland normal ist, ist für Lehrer und Schüler in China durchaus eine Herausforderung. So soll zukünftig mit Gruppenarbeiten, Projektarbeiten, Fallstudien und Unterrichtselementen, die durch Schüler organisiert werden, den Schülern eine aktivere Rolle eingeräumt werden.
Diese neuen Unterrichtselemente werden von immer mehr Lehrern in China eingesetzt. Doch es wird nicht Altes und Bewährtes einfach ersetzt, sondern vielmehr wird darauf gesetzt das Positive aus beiden Welten zu vereinen. Positiv ist unter anderem die völlige Hingabe für eine Lernaufgabe zu sehen oder auch die Bereitschaft sich über einem längeren Zeitraum mit einer Aufgabe intensiv zu beschäftigen und sich auch bei Erfolg in Zurückhaltung und Bescheidenheit zu üben. Die neuen Lernmethoden wurden bereits an duzenden Modellschulen erprobt. Hierbei stehen handlungsorientierte Lehr- und Lernmethoden im Fokus.
Unter anderem arbeiten in Shanghai bereits eine Reihe von Schulen als Lernbüros, die auch von deutschen Erfahrungen profitieren und sich daran orientieren. Ziel ist es letztlich die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Westen zu erhöhen, um das Ziel Innovationsführer zu werden erreichen zu können. Die Förderung von Kreativität und kritischem Denken ist für viele Lehrer neu und stellt auch diese vor neue Herausforderungen, denn wenn Schüler kritische Fragen stellen, ist es für Lehrer häufig schwierig, passende Antworten zu finden. Zudem können sich Lehrer auf die Fragen nicht vorbereiten und können somit nie sicher sein, wohin diese führen. Da kritisches Hinterfragen und Kreativität in der schulischen Erziehung bisher keine Rolle spielten, ist es durchaus ambitioniert - aber zielführend - die Neuerungen zeitnah umzusetzen.
Das Hukou-System eine Hürde im Bildungssystem
Chinas System der staatlichen Haushaltsregistrierung hatte bisher auch starken Einfluss auf die Ausbildung, aber war auch entscheidend für den Zugriff der Bürger auf medizinische Versorgung und Rente. Im Alltag vieler Bürger Chinas führte das Hukou-System zu beträchtlichen Alltagsproblemen. Besonders Wanderarbeiter, die es zum Geldverdienen in die Städte zog, waren stark von dem System betroffen, denn diese erhielten wesentlich schlechteren Zugriff auf die Versorgung als lokale Einwohner. Eine Problematik am staatlichen Haushaltsregistrierungssystem liegt darin, dass das Umfeld auch den Zugang zu Bildung bestimmt. Zieht ein Arbeiter in ein anderes Gebiet, so muss dieser vorher eine befristete Aufenthaltserlaubnis beantragen. Nur mit dieser Erlaubnis erhält er Zugang zu Sozialleistungen.
Die Reform ist aufgrund der Registrierung kompliziert. Das Hukou-System legt letztlich die Rechte der Menschen fest je nach Stadt in die sie ziehen und ihrem Herkunftsort. Allerdings wurde ein Pilotversuch gestartet, bei dem ländliche und städtisch Hukou in sogenannten Provinzen zusammengefasst wurden. Ein Beispiel ist unter anderem die Provinz Shandong. Die Reform soll eine Erleichterung zur Ansiedlung von Wanderarbeiten in Städten der Provinz sein, zu der auch ihr Heimatort zählt. Auch soll es erleichtert werden, die Kinder mit in das städtische Umfeld zu nehmen und ihnen so eine bessere Bildung zukommen zu lassen.
So ist die Reform letztlich ebenfalls Teil des strategischen Plans „Made in China 2025“. Allerdings ist die Reform auf eine bestimmte Zielgruppe ausgelegt, denn es geht hier um „wünschenswerte“ Stadtmigranten, die interessant für die Unternehmen sind, die in den jeweiligen Städten ihren Standort unterhalten.
Langfristig profitieren auch deutsche Unternehmen von der Bildungsreform in China
Die vielfältigen Reformen, die aktuell in China auf den Weg gebracht wurden und noch in Planung sind, spielen auch für deutsche Unternehmen, die auf dem chinesischen Markt tätig sind oder eng mit chinesischen Unternehmen zusammenarbeiten, eine Rolle.
Gerade die Reformen im Bereich Bildung werden sich langfristig positiv auswirken. So gewinnt das Land durch eine besser ausgebildete Bevölkerung an Kreativität, die eine wachsende Innovationsfähigkeit nach sich ziehen, denn diese wird nicht nur bei den heutigen Schülern eine wachsende Rolle spielen, sondern auch für ihre Arbeitgeber positiv sein.
Zudem wird durch die neue Art des Lernens und der Erziehung die Möglichkeit, gegeben kritische Fragen zu stellen. Dies führt langfristig auch dazu, dass die Kritikfähigkeit steigen wird, was die Zusammenarbeit erleichtern wird. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass ein kritisches Hinterfragen in Zukunft erwünscht sein wird und nicht mehr als Affront gilt.
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Christian (Montag, 21 Oktober 2019 02:28)
Welche Schulen in Shanghai wenden die Methoden konkret an?
Olivia Merz (Dienstag, 22 Oktober 2019 11:40)
Hallo Christian,
in Shanghai gibt es mehrere hundert Schulen, daher wird es leider schwierig, hierüber, ohne ein konkreteres Anforderungsprofil, Information zu geben. Schreiben Sie mir gern eine Email bei Bedarf.